In diesem Artikel schreibe ich über meine Gedanken zur Authentizität oder dem Echtsein, sowohl in der Kunst als auch im Leben. Mein Rat am Ende ist vermutlich nur bedingt hilfreich.
Ich muss gestehen, ich hätte nie im Leben einen Blogartikel zum Thema Authentizität geschrieben, wenn mich nicht die liebe Rosa Pessl eingeladen hätte an ihrer Blogparade: “#authentisch sein” teilzunehmen.
Hier erfährst du mehr dazu und andere Artikel zum Thema.
Kunst und Authentizität
In meiner Kunst habe ich mir eigentlich nie die Frage gestellt, ob ich authentisch sein wollte. Ich wollte, Ich sein oder das machen, was aus mir herauskommt. Das war mein großes Ideal. Im Laufe der Zeit habe ich dann gelernt, dass das alles andere als selbstverständlich ist.
Aber vielleicht noch einen Schritt zurück. Was heißt es denn eigentlich authentisch sein.
So definiert der Duden das
Authentisch:
echt; den Tatsachen entsprechend und daher glaubwürdig
BEISPIELE
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ein authentischer Text
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authentischen Berichten zufolge
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eine authentische Darstellung
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die Meldung ist nicht authentisch
Es geht also um echt sein und damit glaubwürdig.
Damit entsteht schon das erste Missverständnis.
Das muss ja nicht heißen, dass man immer sein Innerstes nach außen kehrt. Es bedeutet aber, dass man selbst bleibt und nicht versucht jemand anders zu sein, das auch in „öffentlichen Situationen“, wo man nicht alles Private erzählen möchte.
War ich authentisch bevor ich Kunst machte?
Ich habe eigentlich Volkswirtschaft studiert und auch zeitweise in der Wirtschaft und in der Verwaltung gearbeitet. Als ich begann Kunst zu machen und Künstlerin zu werden war das die Befreiung schlechthin.
Endlich konnte ich sein, so wie ich bin, dachte ich. In den Jobs, die ich hatte, hatte ich immer das Gefühl, ich mußte jemand anders sein. Aber warum war das so? Es waren noch andere Zeiten und eine Branche, in der sehr viel Wert auf Formalitäten gelegt wurde.
Ein Grund war aber auch, dass ich mich immer irgendwie falsch fühlte und es ja im Nachhinein gesehen wirklich nicht die richtige Branche war. Ich hatte immer das Gefühl der Unzulänglichkeit und damit war ich zutiefst verunsichert.
Deshalb glaube ich auch, das es wichtig ist ein gesundes Selbstbewusstsein zu haben, um authentisch zu sein. Denn nur dann ist es mir egal, was die anderen wohl von mir denken könnten und ich kann klar sagen, was ich meine. Was ja immer noch nicht heißt, dass ich alles sage.
Ich erlebe es jetzt gerade sehr stark in den Universitäten, wo ich Kunst unterrichte, da es ein ziemliches Gezanke um die verbliebenen Jobs gibt. Das fördert nicht die Authentizität ganz im Gegenteil. Es wird viel hinter dem Rücken der einzelnen Kollegen versucht ein Zipfelchen der Macht zu bekommen oder sich einen Job zu ergattern durch kriecherisches und alles andere als authentisches Gebaren.
Was brauche ich um authentisch zu sein?
Ich glaube, das gilt egal in welchem Bereich. Um authentisch zu sein, muss ich mir meiner Selbst sicher sein. Das heißt ja auch, ich muss wissen, wer ich überhaupt bin und welchen Teil meiner Persona ich denn nun zeigen möchte.
Denn natürlich haben wir immer viele Rollen inne und das vereinfacht auch das Leben. Wenn ich in der Rolle der Unterrichtenden bin, bin ich natürlich anders, als wenn ich mit meinem Lieblingsmenschen bin.
Eine berufliche Rolle einzunehmen hat ja auch was mit Professionalität zu tun. Meine Studenten wollen nicht von mir wissen, was für einen Stress ich gerade zu Hause habe, sie wollen was von mir lernen. Das bedeutet aber nicht, dass ich ihnen nicht auch mal was von zu Hause erzähle, wenn es gerade paßt oder die Stimmung auflockert.
Aber die Frage ist ja, wer ist eigentlich hinter diesen Rollen und ist das das authentische Ich? Geht es darum, dieses Ich zu zeigen oder lieber doch nicht?
Meine Persönlichkeit als gemaltes Bild!
Wenn ich mir meine Persönlichkeit wie ein gemaltes Bild vorstelle, dann gibt es einen Hintergrund. Dieser Hintergrund ist nicht überall zu sehen, manchmal gar nicht, aber er ist da und schimmert immer wieder durch. So könnte der Hintergrund mein echtes authentisches Ich sein.
Da drüber liegen die ganzen anderen Rollen. Je mehr ich den Hintergrund integriert habe in meinen Rollen desto authentischer kann ich sein. So ähnlich stelle ich mir das vor.
Womit wir auch bei der Kunst angekommen wären. Wenn ich kreiere oder künstlerisch tätig bin, dann versuche ich so sehr ich kann, nicht in einer Rolle zu sein, sondern aus meinem Inneren heraus zu schöpfen.
Ich versuche in Kontakt zu treten, was hinter all dem lauten Vordergrund ist und mein tägliches Leben so bestimmt. Wenn ich das schaffe, merke ich es meistens. Dann geht das Arbeiten viel einfacher und ich bin im Fluß in meiner Arbeit. Das bedeutet auch, dass ich sehr präsent bin, indem was ich tue. In diesem Stadium der Arbeit, habe ich keine Zweifel und bin „ganz bei mir“ d.h. ich bin authentisch.
Das ist aber nicht immer so einfach zur erreichen. Denn es gibt ja diese ganzen Stimmen oder Bilder im Vordergrund: Mach ich das richtig? Wird es jemandem gefallen? Paßt das zu meinen Käufern? Was sagt xyz dazu? Paßt das in meine Art zu arbeiten? Ist das wirklich originell? Habe ich das nicht schon 1000 Mal gesehen? Usw.
DAS BEDEUTET AUCH ALS KÜNSTLERIN BIN ICH DURCHAUS NICHT IMMER AUTHENTISCH. DENN MANCHMAL MACHE iCH ETWAS FÜR JEMANDEN, FÜR MEINEN NISCHE, FÜR MEINEN RUF !
Fazit:
Also wirklich authentisch zu sein, ist gar nicht so einfach und es gehört sehr viel Bewusstheit dazu. Also ein kritischer Blick auf mich selbst, um zu verstehen, ob ich authentisch bin oder nicht. Auch zu erkennen, dass es Situationen gibt, wo es besser ist, sich etwas mehr zu verstecken und eine Rolle zu spielen.
Während ich den Artikel geschrieben habe, fällt mir auf, dass es bei diesem Thema relativ egal ist, wo ich mich bewege, in der Kunst, in der Businesswelt oder wo auch immer. Um wirklich authentisch zu sein, brauche ich Selbstbewusstsein und Bewußtheit, um zu erkennen, wann ich wirklich echt bin und wann nicht. Wann ich meine Masken auf habe und wann ich sie ablege. Wenn ich soweit bin, kann ich dann auch damit spielen und authentisch sein, wenn ich ein Rolle inne habe.
Wie komme ich dahin?
- Sich selbst nicht als Maßstab aller Dinge nehmen!
- Ab und zu mal 0,1 Millimeter Abstand von sich selbst bekommen!
- Leben und ausprobieren!
- Die richtigen Leute finden, die einem auf dem Weg helfen und bereit sein für diese Hilfe!
Ich hoffe das hilft!?
Ich freue mich wie immer auf einen Kommentar. Bei diesem Thema bin ich besonders neugierig, was du so dazu denkst.
Zeichnen kann helfen authentischer zu werden, zumindestens glaube ich das: Deswegen hole dir meinen Leitfaden:
Liebe Marina
das ist ein sehr guter Text. Ich kann dir nur zustimmen. Ja es ist schwierig authentisch zu sein als Künstlerin, aber nicht nur da. Auch im leben außerhalb der Kunst in das wichtigste bei sich selbst zu sein, das fällt oft schwer und dauert Jahre bis es endlich klappt und man ganz bei sich ankommt. Eigentlich kann ich die beiden Bereiche nicht trennen, obwohl ich es versuche. Bei der authentischen Kunst hat es sehr lange gedauert, dahin zu kommen, dass ich sage :das ist jetzt meine künstlerische Position. Die kann sich aber schnell ändern.und dann kommt wieder die Frage von außen..wie so jetzt so? und nicht wie vorher. Ich denke authentisch sind immer auch die Brüche, die darf man auch zeigen.Natürlich macht man auch mal Kompromisse, wenn es um Aufträge usw. geht. Danke für deinen Aufsatz da wird mir jetzt vieles ganz klar.Gut das du die Mühe machst uns immer zu motivieren. Das hilft auch mir, die schon so lange für und mit der KUNST kämpft und noch immer auch sucht wie man die Menschen immer wieder erreichen kann. Wichtig ist aber auch Kunst machen , oder besser schöpferisches TUN macht Spass!
Vielen Dank Barbara, ja ich denke die Brüche sind das was interessant ist. Danke, dass du deine Gedanken geteilt hast mit uns.
Vielen Dank für diesen Text. Ich bin im Moment auf der Suche nach dem : Wer bin ich, was will ich. Mein Leben ist im Umbruch. Bin ich überhaupt begabt genug. Spaß macht es auf jeden Fall.
Liebe Hildegard,
Ich glaube die Frage nach der Begabung ist relativ irrelevant. Es ist wichtig, dass es dir Spaß macht und gerade in Umbrüchen kann es sehr helfen, sich künstlerisch auszudrücken. Aus unterschiedlichen Gründen. Einer ist dass du wirklich notierst was da gerade passiert auch als Zeichnung oder Bild. Außerdem das Eintreten in eine andere Welt, wie es beim Zeichnen passiert hilft Distance zu bekommen und den Kopf frei. Das wiederum ist super geeignet, um neue Ideen zu bekommen auch in den anderen Fragen des Lebens. Du lernst dich neu auszurichten immer wieder, denn das ist es was du auch beim künstlerischen Schaffen tust.
Liebe Marina,
Mich beschäftigt dieses Thema auch schon eine Weile. Ich finde es auch gar nicht so einfach zu bestimmen was authentisch ist und was nicht. ZB fühlte ich mich in meinem außerschulischem Kunstpädagogikstudium oft minderwertig zwischen all den talentierten und kreativen Kommilitonen/innen und es viel mir schwer meinen Stil zu finden. Es sind in dieser Zeit jede Menge abstrakte Werke entstanden. Ich habe diese Richtung bevorzugt, weil ich dabei frei sein konnte von dem Gefühl unauthentisch zu sein oder etwas nach zu machen. Dieses Gefühl hat mich damals sehr blockiert und davon abgehalten ins Gegenständliche zu gehen. Erst jetzt “erlaube” ich mir nach Vorlagen zu malen,die ich meist nicht mal selbst fotografiert habe. Ob das authentisch ist kann ich nicht genau sagen,aber mir macht es auf jeden Fall Spaß. Auch wenn ich weiß,es ist weniger originell,erkenne ich schon den individuellen Stil in der Umsetzung. Also könnte es schon auch authentisch sein. Ganz sicher bin ich mir leider nicht. Würde ich von eigen Fotos malen, gäbe es diesen inneren Konflikt wahrscheinlich nicht. Ich verwende einfach lieber freie Stockfotos,als meine eigenen. Vielleicht ändert sich das auch noch.
Danke für deine Gedanken zu diesem Thema!
Liebe Grüße, Stella
Liebe Stella,
vielen Dank für deinen ehrlichen und bereichernden Kommentar. Ich glaube in der Kunst ist es genau so schwer authentisch zu sein, wie im wirklichen Leben. Es ist einfach immer wieder die Frage wer bin ich dahinter, hinter den Rollen, hinter den Mustern, hinter meinen Konditionen. Wenn ich das schaffe, dahinter zu sein oder es nicht mehr zu sein dann bin ich authentisch, egal was ich mache. Ich denke der Spaß ist schon ein guter Wegweiser. denn der Spaß kommt von dir heraus und nicht von außen.
Was heißt schon originell. Ich glaube das ist auch ein sehr überstrapazierter Begriff in der Kunst. Denn so viel Originelles gibt es auch nicht, es ist eigentlich alles schon mal dar gewesen. Schau dir Gerhard Richter an, der hat manchmal abstrakt gemalt und manchmal sehr genau nach dem Leben und beides meisterlich und darin besteht das Besondere seiner Kunst.
Also ich denke folge deinem Spaß und probier aus. Vielleicht kommt jetzt die Zeit nach deinen eignen Fotos zu arbeiten. Ich glaube da entdeckst du die Welt nochmal anders oder auch richtig nach der Natur zu zeichnen. Mein Motto ist ja : Zeichnen was vor dir liegt und sei es noch so banal.
Also vielen Dank nochmal und weiter frohes authentisches Schaffen
Marina