zeichnen nach Fotos

Dieser Artikel ist ein Plädoyer für das Zeichnen nach der Natur. Du solltest möglichst wenig nach Fotos zeichnen und wenn von deinen eignen. Ich sage dir, warum das so wichtig ist, damit du wirklich zeichnen lernst.  Anschließend erhältst du drei konkrete Tipps für deine zeichnerische Praxis.

Wenn meine Studenten nur nach Fotos gezeichnet haben

In einem meiner Zeichenkurse an der Uni hatte ich ein Schülerin, die am Anfang des Semesters sagte, dass sie in der Schule sehr viel gezeichnet hatte (Liceo artistico hier in Italien). In dem Kurs zeichnen die Studenten vor allen Dingen vor Ort in Rom draußen, da tat sie sich sehr schwer. Irgendwann fragte ich sie, was sie denn in der Schule immer gezeichnet hatte. Sie hatte immer nach Fotos gezeichnet mit einem Raster. Auf dem Foto ist ein Raster und auf der Zeichnung ist auch ein Raster und so zeichnest du ein Viereck nach dem anderen und kommst zu deinem Bild.  Ich war einigermaßen schockiert, wie man Schüler über längere Zeiträume mit so einer langweiligen Technik traktieren kann. Das Wunder war, nachdem ich ihr erklärt hatte, wie sie jetzt draußen zeichnen kann und wie sie die Zusammenhänge sehen kann, hat es bei ihr gefunkt. Endlich hatte sie großen Spaß und machte wunderbare Zeichnungen.

Das Beispiel zeigt ganz gut, dass du zwar gut beobachten lernst aber sehr in deinem zeichnerischen Ausdruck eingeschränkt bist, weil du entweder die Zusammenhänge nicht sehen kannst oder dich nur traust zu zeichnen, wenn du eine gute Vorlage hast. Der große Spass des Zeichnens fängt aber an, wenn ich lerne, dass ich alles zeichnen kann, was vor mir liegt.

Wenn du mehr Tipps und Anregungen brauchst, abonniere meine Newsletter. du bekommst als Dankeschön den 5 Schritte Leitfaden, um in deine Kreativität zu kommen.

Was ist eigentlich Zeichnen?

Zeichnen ist eigentlich die Übersetzung von der Dreidimensionalität in die Zweidimensionalität. Also ich habe einen Gegenstand vor mir und den zeichne ich ab und bring ihn auf das Papier. Damit mache ich einen großen Schritt in die Abstraktion. Denn in diesem Prozess muss ich ja dauernd Entscheidungen treffen, was ich zeichne, wie ich es zu Papier bringe und was ich weglasse, wie ich es ins Bild setzte, wie groß ich den Gegenstand zeichne und was für ein Material ich nehme.

Zeichnen hilft ungemein zu lernen sich zu entscheiden und immer wieder kleine Risiken einzugehen.

Viele dieser Entscheidungen mache ich unbewußt und weiß gar nicht, dass ich mich ja entschieden habe.  Das ist es, was es so spannend macht und auch genau das, was passiert, wenn ich sozusagen live zeichne. Ich zeichne meine Sicht auf die Welt, meine Sicht auf diesen Gegenstand. Ich lasse weg, ich bin genau und anderen Stellen ungenau. Das alles macht meine Zeichnung aus, gibt ihr eine persönliche Note und macht sie lebendig.

Auch wenn der Gegenstand vielleicht nicht fotogenau abgebildet wird, aber ich habe ein Bild von einem Gegenstand der sehr lebendig und dreidimensional auf dem Papier ist.

Was passiert, wenn ich von Fotos abzeichne?

Im Netz findet man tausende von Zeichnungen, wo jemand nach einem Foto eine Zeichnung gemacht hat. Am liebsten werden Gesichter oder Menschendarstellungen von Fotos gemacht, oft auch Fotos von Schauspielern oder anderen Berühmtheiten. Das Interessante ist, dass diese Zeichnungen sich oft sehr ähneln und nicht viel über den Zeichner sagen.

Das Problem ist, dass diese Fotos mit der Realität der Person, die sie zeigen, sehr wenig zu tun haben. Die Fotos sind stilisiert, gut ausgeleuchtet. Das Modell  ist bis zur Unkenntlichkeit geschminkt. Hast du mal Fotos von Modellen gesehen, wenn sie als normale Menschen auftreten? Du erkennt sie nicht wieder.  Wie auch immer, es ist die Sicht des Fotografen und Stilisten auf diesen Menschen und nicht deine. 

 Wen oder was zeichnest du eigentlich, wenn du nach Fotos zeichnest?

Wenn du nach diesen Fotos zeichnest, passiert folgendes: Die Gesichter haben praktisch kaum Schatten oder nur sehr ausgesuchte Schatten, sie haben kein Falten, die Augen und oft der Mund sind überbetont und sie wirken irgendwie erstarrt. Das wird auch genau so in deinen Zeichnungen wieder gegeben. Diese Art der Zeichnungen wirken oft sehr perfekt aber eben nicht sehr lebendig und sind etwas beliebig. Diese Art der Zeichnungen können ein erster Schritt sein, um deine Beobachtungsgabe zu schulen und vor allem deine Geduld. Wenn du sehr lange dran sitzt und kopierst, wirst du es vermutlich hinbekommen.

Früher an den Akademien wurde auch viel kopiert von den Bildern der alten Meister oder den Kopien von römischen Büsten. Die Studenten in den ersten Semestern haben praktisch die ganze Zeit kopiert. Allerdings waren das sehr komplexe Bilder, so lernten die Studenten etwas über Komposition, Bildaufbau, Farbenlehre usw..  Aber genau die Schüler, die sich dagegen gewehrt haben, haben dann die neuen Kunstrichtungen entwickelt, wie den Impressionismus und den Expressionismus.

Was kannst du statt dessen zeichnen?

Du kannst eigentlich alles zeichnen, was da so um dich herum ist. Schau dich um in deinem Haus. Du hast bestimmt irgendwelche Ecken mit Gegenständen oder geh raus. Zeichne was da ist und beobachte genau. Das schöne am Zeichnen von dem, was vor dir ist, ist, du kannst es immer machen, wann immer du willst. Du entwickelst ein sehr eigenes Portfolio, du bekommst eine eigene Sicht auf die Dinge. Du lernst genau zu beobachten und eine eigene zeichnerische Sprache zu entwickeln. Deine Zeichnungen werden lebendig und du lernst auch mal schnell eine Skizze zu machen.  Der Anfang bei diesem Ansatz ist schwerer und deshalb ist es auch gut, wenn du dir dabei Unterstützung holst. Dazu habe ich z.B. den Kurs entwickelt Zeichnen macht Spaß.

 

Das Zeichnen wird deine persönliche  Abenteuerreise zu neuen Welten, inneren und äußeren!

 

Wann kannst du nach Fotos zeichnen?

Wenn dich aber gerade nichts interessiert, was um dich herum ist, darfst du trotzdem nach einem Foto zeichnen? Ja klar kannst du auch mal nach Fotos zeichnen. Aber was total wichtig ist, nimm deine eigenen Fotos. Da hast du schon mal deine Sicht auf deine Welt. Schließlich hast du das Foto gemacht und nicht jemand anderes. Ein Foto ist ja genauso wenig real wie eine Zeichnung. Denn es ist ja nur ein Augenblick, eine Minute später ist alles anders. Das Licht hat sich geändert, dein Standpunkt und was auch immer.  Aber diesen Augenblick hast du erfaßt, du fandest, er war es wert fotografiert zu werden. Nimm dann dein Foto und zeichne danach. Im nächsten Teil geb ich dir Tipps, wie du von deinem Foto zeichnen kannst.

3 Tipps zum Zeichnen, um deine zeichnerischen Fähigkeiten wirklich auszubauen!

1. Tipp zeichnen von Gesichtern!

Möchtest du gern Gesichter zeichnen, habe ich folgende Empfehlung:

Bitte jemanden in deiner Umgebung, ob du Fotos von dieser Person machen darfst. Mache eine Reihe von Fotos nicht nur von vorn, sondern auch von der Seite, viertel Profil,  sodass du gerade noch beide Augen siehst, von hinten von fast hinten. Ein bißchen mehr von unten und ein bißchen mehr von oben. Also so viel Fotos wie möglich.

Jetzt fange an zu zeichnen. Am besten druckst du dir die Fotos aus. Jetzt zeichne die verschieden Seiten des Gesicht im Schnelldurchgang. Jede Seite 5 Minuten oder max. 10 Minuten. Das ist eine gute Aufwärmübung. Dann nimmst du vielleicht eine Seite und mit der beschäftigst du dich jetzt etwas ausführlicher. Ich würde nicht unbedingt das Gesicht von vorn zeichnen, sondern mehr von der Seite. So bekommst du auch Teile des Kopfes mit und es macht das Ganze sehr spannend.

Wenn du jemanden hast zu Hause, der dir vielleicht auch mal Modell sitzt für eine viertel Stunde, um so besser. Je älter der Mensch ist, desto besser kannst du ihn zeichnen. Denn das gelebte Leben ist sehr viel spannender in der Zeichnung, als so ein süßes Kindergesicht. Das ist auch viel schwieriger zu zeichnen. Du kannst die Menschen ja vorher warnen das Ähnlichkeiten eher zufällig sind und nicht gewollt.  Das nimmt dir den Stress und auch deinem Modell.

2. Tipp: Zeichnen von realen Gegenständen

Geh durch deine Wohnung und schau, was dich da anzieht. Jeder von uns hat so kleine Altäre rumstehen, wo sich Dinge sammeln von Kunst zu Kitsch. Da findest du unter Garantie was, das dir Lust zum Zeichnen macht. Mach da ein bißchen das gleiche wie mit dem Gesicht. Zeichne es von unterschiedlichen Seiten, in unterschiedlichen Lichtsituationen usw. Setze dir hier auch Zeitlimits, damit du dich nicht zu sehr fest beißt. Das ist insbesondere sehr hilfreich, wenn du zum Perfektionismus neigst und nicht aufhören kannst. Fange ruhig mit Bleistift an. Die Beschränkung auf schwarz und weiß‚ hilft dir zu differenzieren auch im Beobachten. Denn letztendlich geht es vor allem darum.

3. Zeichnen von einem Foto!

Wenn du also nun wirklich Lust hast z. B. eine Landschafts Zeichnung zu machen, aber draußen schneit oder regnet es, dann nimm dir ein schönes Foto aus dem Sommerurlaub z.B. und fange an zu zeichnen. Das wichtigste dabei ist, dich nicht in zu viel Details zu verrennen. Das Problem, was ich auch oft bei meinen Studenten sehe ist, dass sie zu viele Details zeichnen, die sie nie und nimmer zeichnen würden, wenn sie wirklich davor säßen. Bevor du anfängst, überlege dir, was du überhaupt von dem Foto zeichnen willst. Vielleicht möchtest du ja nur einen Ausschnitt zeichnen. Das kann z.B.eine gute Idee sein, wenn die Landschaft sehr groß ist. Dann bist du vielleicht überfordert mit dem Ganzen. Dann geh vor, wie du auch vor gehen würdest, wenn du draußen in der Natur sitzt. Zeichne erst die großen Linien und Formen und dann langsam, langsam kommst du zu den Details. Auch hier brauchst du nicht jedes Blatt vom Baum zu zeichnen. Schau auf die Form und wo die Schatten sind.

Am besten ist auch hier du druckst dir das Foto aus. Dann kommst du nicht in Versuchung dauernd die einzelne Details dir ran zu zoomen.

 

Fazit

Ich hoffe, das hat dir einen kleinen Einblick gegeben und auch eine Hilfestellung zum Zeichnen mit oder ohne Fotos. Wichtig ist ja nicht zu vergessen, wenn wir ein super genaue Darstellung von Etwas machen wollen, können wir es auch fotografieren, wir wollen ja zeichnen also die Welt uns zu eigen machen und der Welt zeigen, wie wir das machen.

Da du das Rad ja nicht neu erfinden mußt, ist es sehr hilfreich, wenn du dir dabei Unterstützung holst.  Du erfährst immer zuerst, über meine Kurse zum Zeichnen

 Hier geht es zur Warteliste

Natürlich freue ich mich auch über Kommentare zu diesem Artikel.