Soll ich lieber abstrakt zeichnen oder malen oder doch figürlich/gegenständlich? Ich persönlich denke nicht, dass das eine Entscheidung ist, die du treffen mußt. Beides hat Berechtigung und beides bringt dich weiter und mir macht es großen Spaß vom komplett abstrakten zum figürlichen zu springen und auch beides zu verbinden. Am Ende des Artikels findest du 4 Tipps, um ein ungewöhnliches Bild besser zu verstehen.
Da ich festgestellt habe, in meinen Kursen, dass viele gar nicht so recht wissen, was eigentlich abstrakte und was figürliche Kunst ist, will ich dies in diesem Blog Artikel etwas mehr erläutern. Denn in meinen Kursen verbinde ich sehr erfolgreich beides. Es gibt immer Aufgaben, wo es um das Gegenständliches geht, aber auch in denen ganz frei gezeichnet wird.
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Es ist ein Thema worüber man ein ganzes Buch schreiben könnte. Also ich werde es versuchen einfach zu erklären, was auch immer heißt sehr zu reduzieren. Aber vielleicht forschst du dann ja weiter. Auch die Namen, die ich nenne, sind nur eine sehr persönliche kleine Auswahl von anerkannten Künstlern. Aber so bekommst du eine Idee.
Was heißt abstrakte Kunst?
Es kann sich auf Malerei, Zeichnen aber auch Bildhauerei beziehen. Es gibt auch abstrakte Fotografie.
Die ersten abstrakten Bilder erschienen Anfang des 20. Jahrhundert und entwickelte sich weiter in Europa vor allem nach dem 1. Weltkrieg.
Abstrakt bedeutet, dass du nichts wirklich erkennst und es auch nicht erkennen willst. Es ist das reine Zusammenspiel von Farben, Formen und auch Zeichen, die natürlich eine Bedeutung haben können, aber diese Bedeutung sich nicht unmittelbar erschließt. Du erkennst keine Bäume, Menschen oder sonst etwas und es ist auch nicht das Ziel diese zu erkennen. Was nicht heißt, dass abstrakte Kunst nicht auch von der Natur inspiriert sein kann. Genauso ist es in der Bildhauerei, wo es das Zusammenspiel von Formen, Volumen und manchmal auch Farbe sein kann.
Hier ein Zitat von Gerhard Richter, der beides beherrscht, was relativ selten ist bei den bekannten Künstlern.
Die Abstrakten Bilder sind nicht weniger beliebig als alle gegenständlichen Darstellungen (die auf einem x-beliebigen Motiv beruhen, das Bild werden soll), sie unterscheiden sich nur insofern, als ihr ,Motiv‘ erst während des Malens entwickelt wird. Sie setzen also voraus, dass ich nicht weiß, was ich darstellen will, wie ich beginnen sollte, und dass ich nur sehr unklare und stets falsche Vorstellungen von dem zu verbildlichenden Motiv habe – dass ich also, nur von Ignoranz und Leichtsinn motiviert, anzufangen in der Lage bin. (Das ,nur‘ steht für Leben!)
Notizen 1985
Gerhard Richter
Also in dem Moment wo eine Figur auftaucht oder sonst etwas, was wir in unserer Welt erkennen können, ist es nicht mehr abstrakt.
Abstrakte Kunst heißt aber nicht, dass es keine Regeln gibt und dass es komplett beliebig ist, was wir tun. Ganz im Gegenteil. Es gibt die Regeln der Komposition, der Gewichtung, auch hier wird der Betrachter durch das Bild geführt oder um die Skulptur herum, die Wirkung der Farben usw. Erzeugt das Bild oder die Skulptur Spannung, ist es/sie harmonisch? Habe ich Lust mich länger damit zu beschäftigen? Ist sie originell, erweckt es/sie Emotionen? Das sind alles Fragen, die ich mir bei der Betrachtung stellen kann. Diese Fragen kann ich natürlich auch bei einem figürlichen Werk stellen. Auch abstrakte Kunstwerke können Emotionen hervorrufen, genauso wie Musik das kann.
Es gibt also Kriterien für ein abstraktes Bild. Um abstrakte Kunst zu verstehen, kann es notwenig sein, die eigenen Sehgewohnheiten zu ändern. Wenn du es nicht gewohnt bist, braucht es eine Weile, bis du die Schönheit von abstrakten Bildern begreifst. Als die ersten abstrakten Bilder auftauchten, machte sich zum Teil Empörung breit. Man war nicht gewohnt in Bildern nichts zu erkennen. Bilder wie die der Kubisten oder der klassischen Moderne gehören heute zu den Klassikern.
Ein bißchen was zur Geschichte der abstrakten Malerei
Eine der ersten abstrakten Malerinnen ist erst vor ein paar Jahren wirklich entdeckt worden. Es handelt sich um Hilma af Klint (1862- 1944). Sie war eine sehr isolierte Persönlichkeit und hat ihre Malerei unabhängig von irgendwelchen Strömungen entwickelt. Eine sehr erstaunliche Persönlichkeit. Sie hat eines der ersten abstrakten Bilder gemalt.
Die Vorgänger der abstrakten Maler waren die Impressionisten. Denn die malten zwar noch gegenständlich aber schon sehr stark in einem sehr eigenen Stil und auch eher abstrahierend. Cézanne war für viel abstrakten Maler ein großes Vorbild, weil für ihn sehr stark das Zusammenspiel von Formen, Farben und Gewichtungen eine Rolle spielten und seine Malerei beeinflußten.
Um 1910 entstanden dann die ersten abstrakten Gemälde unter anderem von Wasiliev Kandinsky, Piet Mondrian und anderen. Das radikalste abstrakte Bild das berühmte Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde 1915 gemalt.
Als ich 1913 den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellte ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weißen Grundfeld. […] Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit. Das Quadrat = Empfindung Das weiße Feld = die Leere hinter dem Quadrat.“ (Kasimir Malewitsch)
Nach dem ersten Weltkrieg wurde die abstrakte Malerei intensiv weiter entwickelt u.a. von den Kubisten Pablo Picasso, George Braque aber auch anderen wie Josef Albers ( der dann in die USA auswanderte und viele Künstler durch seine Lehrtätigkeit beeinflußte.), Sophie Täubner Arp und Hans Arp, Robert und Sonja Delauney, Piet Mondrian.
Viele der abstrakten deutschen Maler konnten während der Nazizeit weder arbeiten, geschweige denn ausstellen. So entwickelte sich die abstrakte Malerei in den USA weiter. Wichtige Vertreter waren Jackson Pollock, Lee Krasner aber auch Marc Rothko, Helen Frankenthaler, Willem de Kooning um nur einige zu nennen. Sie sind sehr unterschiedlich untereinander und sie werden auch unterschiedlich kategorisiert.
Als der Krieg zu Ende waren, haben dann viele Maler in Europa die Bewegung, die aus den USA kam, freudig begrüßt und weiter entwickelt. In den 60iger Jahren war die abstrakte Kunst, sei es in der Bildhauerei als auch in der Malerei auf dem Höhenflug. Besonders in Deutschland, wo man sich heftigst von der Nazikunst absetzten wollte und auch in der Kunst keine politischen Statements abgeben wollte. L’art pour l’art, war die Devise: Kunst um der Kunst willen.
Einige der abstrakten Künstler waren aber durchaus noch figürlich ausgebildet, was sich erst in den 70/80 iger Jahren änderte. Aber dann gab es eigentlich immer weniger die Unterscheidung zwischen Malerei und Bildhauerei, weil Installationen und Performance dazu kam. Mittlerweile gibt es viel Stilrichtungen nebeneinander und auch vermischt.
Es geht immer ein wenig hin und her und beides hat seine Berechtigung. Es gibt immer mal wieder Wellen, in denen die figürliche Malerei Vorrang hat ( Leipziger Schule) und dann sind abstrakte Maler/innen wieder im Vordergrund. Hier ein sehr interessanter Artikel von einer Kunsthistorikerin, der auch einige Beispiel zeigt. https://artinwords.de/abstrakte-kunst/ und ein weiterer Artikel mit ein paar sehr interessanten Videos https://www.kunstplaza.de/kunstepochen/abstrakte-kunst-gegenstandslose-kunstrichtung/ u,a, zu Gerhard Richter einem Künstler, den ich sehr schätze und der auch beides gemacht hat, super figürlich und komplett abstrakt gemalt.
Figürliche Malerei:
In der Vergangenheit gab es nur figürliche Malerei oder dekorative Motive in unserer westlichen Welt. Die figürliche Malerei hatte sicher einen großen Höhepunkt in der Renaissance, wo die Maler anfingen auch mit Modellen zu arbeiten und diese zu portraitieren. Dann kamen auch Gebäude und Landschaften hinzu. Aber erst im Barock fingen an manchmal Figuren in den Hintergrund zutreten im Verhältnis zur Landschaft. Aber es war immer gegenständlich.
Also die figürliche oder gegenständlichen Malerei hat deswegen eine lange Tradition, auf die sich auch immer wieder die zeitgenössischen Maler/innen beziehen. Durch alle diese Zeiten hindurch hat sich die figürliche Malerei erhalten und auch heutzutage gibt es anerkannte und hervorragende figürliche Maler. Z.B. Neo Rauch, Gerhard Richter, Georg Baselitz, Jörg Immendorf, Maria Lassnig, Anselm Kiefer, Marlene Dumas, Luc Tuman und viele andere.
In der heutigen zeitgenössischen Malerei sind die Figuren manchmal in sehr eigene Zusammenhänge gestellt, jedoch immer hat man einen eindeutigen Wiedererkennungswert. Im Grunde ist figürliche Malerei auch abstrakt, denn wir erkennen was wieder und meinen so das Bild lesen zu können. Aber das was sie darstellen ist genauso abstrakt wie alles andere. Denn es ist ja auch nicht die Wiedergabe der Realität, sondern ein besonderer Moment, den sich der/die Maler/in ausgedacht hat. Ein Porträt wird verschönt oder verhäßlicht und in ganz besonderen Farben gemalt. Figuren werden in einen speziellen Zusammenhang gestellt, den es so nie gab.usw.
Auch Fotos sind genauso abstrakt, denn in dem Moment, wo ich ein Foto mache, nehme ich diesen Moment auf. Gleich danach ist schon wieder ein anderes Bild da. Also das, was Realität ist, ist sehr relativ und nie zum festhalten. In diesem Sinne bewegen wir uns in unseren Bildern immer in abstrakten Räumen, auch wenn wir was mit Wiedererkennungswert malen oder zeichnen.
In der Bildhauerei gibt es fast gar keine annerkannten figürlichen Bildhauer mehr, es sei denn in einem eher konzeptionellen Kontext. Z. B hat Luise Bourgeois figürliches in ihren Installationen verwendet. Skulpturen werden in einem größeren Zusammenhang ausgestellt und integriert oder Teil einer Installation oder auch im Zusammenhang mit Videoarbeiten. Also die Grenzen sind fließend geworden.
Was kannst du tun, ein Kunstwerk besser zu verstehen?
Um ein ungewöhnliches Kunstwerk zu verstehen, hilft es sich etwas Zeit zu nehmen um folgendes zu machen:
- eventuelle Erklärungen zu lesen, das hilft oft sehr mehr zu verstehen
- Sich das Bild wirklich genau anzuschauen oder die Skulptur.
- Vielleicht sogar eine Zeichnung machen. Je mehr du eintauchst, desto mehr fängst du an zu verstehen.
- Dir einen offenen Blick bewahren für die Arbeit und nicht gleich bewerten, das ist eigentlich das wichtigste und gilt für jedes Werk.
Oft habe ich es erlebt, das mir Leute gesagt haben: “Ich verstehe nichts von Kunst. Ich kann dazu nichts sagen.” ( Gemeint ist: ich guck da erst gar nicht genau hin.) Das hilft nicht zum Verständnis.
Wie immer im Leben, erst die tiefere Auseinandersetzung führt zum Verstehen.
in meinen Kursen habe ich immer Aufgaben zu beiden Themen, das macht sie interessant und auch vielfältig. Willst du einen kleinen Geschmack bekommen, mach mit bei dem kostenlosen Minikurs: Zeichnen mit Spaß und Leichtigkeit.
Die Bildernachweis:
- Paul Cezanne, Stilllebenmit Äpfel und Orangen 1895-1900 Musee d’Orsay, Paris
- Vassily Kandinsky, Komposition, 1923 Guggenheim Museum NewYork
- Kasimir Malewitsch, das schwarze Quadrat 1915, Tretyakov Galleri Moskau
- Sophie Täubner -Arp Komposition mit Diagonalen und Kreis, 1916
in meinen Kursen habe ich immer Aufgaben zu beiden Themen, das macht sie interessant und auch vielfältig.
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